Pillar Two: Growing with the Challenge
Liechtenstein hat als Mitgliedstaat des OECD/G20 Inclusive Frameworks gegen BEPS zugestimmt, eine globale Mindeststeuer von effektiv 15 Prozent gemäss den Global Anti-Base Erosion Model Rules (GloBE Rules, auch GloBE Mustervorschriften) einzuführen. Betroffen sind multinationale Unternehmen (Multinational Enterprises «MNE») mit konsolidierten Umsätzen von mehr als EUR 750 Millionen. Dies gilt für alle Rechtsformen einschliesslich Stiftungen, Trusts und Personengesellschaften. Ziel der Einführung der globalen Mindestbesteuerung ist es, Steuerwettbewerb zwischen Staaten zu eliminieren, sowie sicherzustellen, dass MNE zu mehr Fairness und Transparenz bei der Besteuerung auf globaler Ebene beitragen.
Der nationale Gesetzgebungsprozess in Liechtenstein für das neue «GloBE Gesetz» ist weit fortgeschritten und ermöglicht eine fristgerechte Anwendung der Mindestbesteuerung per 1. Januar 2024. Die Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung birgt jedoch immer noch viele Unsicherheiten, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen auf die Steuereinnahmen in Liechtenstein, aber auch für die einzelnen betroffenen MNEs.
Anlässlich dieser aktuellen Entwicklungen hat Felder Sprenger + Partner AG (FS+P) ein Pillar Two Tax Event veranstaltet. Nach einer Einführung in das Thema durch Dr. Marco Felder, haben weitere renommierte Referenten wie Bernhard Büchel (Amtsleiter der Liechtensteinischen Steuerverwaltung), Prof. Vikram Chand (Ordentlicher Professor für Recht an der Universität Lausanne) und Peter Maddan (Leiter Group Controlling, Transfer Pricing and Tax Accounting bei der LGT Gruppe) ihr umfangreiches Expertenwissen über die globale Mindestbesteuerung in der Anwesenheit ausgewählter Teilnehmer geteilt. Das Thema der globalen Mindestbesteuerung wurde aus der Sicht von Regierungen als auch aus der Sicht von MNEs beleuchtet und fand aufgrund der praktischen Relevanz grossen Anklang bei den Teilnehmenden. Während den Präsentationen trugen die Teilnehmenden aktiv bei und es kam zu einer lebhaften Diskussion, in der viele offene Fragen diskutiert werden konnten.
Die Präsentation des Hauptredners, Prof. Vikram Chand hat die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden besonders geweckt. Einleitend hat er folgende rhetorische Frage gestellt: Kann durch die Umsetzung der GloBE Rules (einschliesslich der Qualified Domestic Minimum Top-up Tax (QDMTT)), wirklich der Steuerwettbewerb zwischen den Staaten eliminiert werden oder handelt es sich hierbei ausschliesslich um ein Narrativ, das uns von mächtigeren globalen Akteuren in der Steuerpolitik erzählt wird. In seiner Präsentation zeigte er dann, dass es trotz einer effektiven Mindeststeuer von 15 Prozent anerkannte Möglichkeiten gibt, einen niedrigeren Steuersatz zu erzielen. Zudem demonstrierte er damit, welche Chancen die GloBE Rules für Liechtenstein und die hiesigen MNE haben könnten.
Nachfolgend sind die Kernpunkte der Präsentation von Prof. Vikram Chand zusammengefasst:
Prof. Vikram Chand hat die GloBE Rules und deren Auswirkungen aus der Perspektive von Regierungen sowie MNE analysiert. Seine Erkenntnisse zeigen die Nuancen der Auswirkungen der GloBE Rules, insbesondere wie diese die weltweite Unternehmenssteuerlandschaft verändern können.
Vor den GloBE Rules konnten Regierungen verschiedene Steuermassnahmen frei festlegen, sofern diese mit der BEPS Action 5 konform waren. Sie konnten niedrigere Körperschaftssteuersätze oder Steuererleichterungen festlegen, um internationale Unternehmen anzuziehen. Die Einführung der GloBE Rules hat diese Freiheiten eingeschränkt. Nun müssen Regierungen ihre Anreizpolitik überdenken und allenfalls anpassen. Durch die Ausrichtung auf sogenannte Qualified Refundable Tax Credits (QRTC) können die Auswirkungen der GloBE Rules minimiert werden. In Anlehnung daran erwähnte Prof. Vikram Chand, dass die GloBe Rules den Steuerwettbewerb zwischen den Staaten wohl kaum eliminieren werden; dieser wird sich lediglich in einer anderen Form zeigen. Staaten werden sich weiterhin durch diverse Anreize wie QRTCs oder auch Subventionen konkurrieren.
Für MNEs liegt die Hauptherausforderung darin, den Anstieg administrativer Aufgaben zu bewerkstelligen sowie die Compliance Anforderungen zu erfüllen. Da die betroffenen Unternehmen global tätig sind, müssen sie sich mit unterschiedlichen Steuervorschriften auseinandersetzen. Es liegt in deren Verantwortung, diese komplexen GloBE Rules zu verstehen und korrekt umzusetzen. Die Komplexität erstreckt sich auch auf sogenannte «Safe Harbours», die es Unternehmen ermöglichen sich von den GloBE Rules befreien zu lassen, wenn bestimmte Anforderungen erfüllt werden. Selbst wenn ein MNE für einen solchen Safe Harbour qualifiziert, gilt es dennoch die Anforderungen der GloBE Rules für die gesamte MNE-Gruppe zu berücksichtigen, wie beispielsweise die Erstellung und Einreichung einer GloBe Informationsmeldung. Zudem muss die MNE in jeder Jurisdiktion, in der sie tätig ist, eine Steuererklärung für Zwecke des QDMTT vorbereiten – dies erhöht die Komplexität weiter.
Schliesslich hat Prof. Vikram Chand einen wichtigen Punkt angesprochen: Es ist leider zu erwarten, dass die Einführung der GloBe Rules viele Dispute mit sich bringen wird. Daher ist es erforderlich, eine zuverlässige Plattform für die Schlichtung solcher Streitigkeiten zu schaffen.
*Anna Stark ist Senior Tax Consultant bei Felder Sprenger + Partner AG. Ihr Schwerpunkt liegt in der Steuerberatung von Privatpersonen sowie Unternehmen. Dies in einem nationalen sowie insbesondere internationalen Kontext.
*Kinga Romanovska ist Rechtsanwältin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Tax Policy an der Universität Lausanne. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich des internationalen Steuerwettbewerbs und der globalen Mindestbesteuerung (Pillar Two Global Anti-Base Erosion, GloBE Rules).